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(*) Bildtitel der ausgestellten Werke
Das Elefantengehege ist leer, die Löwen zurück im Käfig, die Maskerade abgeschminkt und die Menschenmassen verschwunden. Die Karawane zieht weiter und hinterlässt nichts, als einen schnell vergänglichen Geruch des Glamours.
Zirkus? Staatszirkus? Kunstzirkus? Verordnete Leidenschaft!
Geboren und aufgewachsen in Berlin-Ost verarbeitet Sebastian Mögelin in der neuen Serie seinen Werdegang vom Kind zum halbstarken Jugendlichen, aus der gegenwartsnahen Perspektive eines erwachsenen Berliners. Der benebelte Blick zurück vermischt sich unweigerlich mit dem bis heute Erlebten. DDR Staatseigentum kollidiert mit brachialem Konsumüberfluss. Geeignete Erziehungsmaßnahmen zur Heranführung an sozialistische Ideale paaren sich mit kapitalistischer Anarchie. Plakative Pop-Art mit dem Propaganda-Pinsel auf die Leinwand gebracht. Ein neuer Stil ist geboren. Sozialistische Pop-Art.
Vorhang auf, Manege frei, willkommen im Circus Sozipop!
Unfrei von Vorurteilen und stets fasziniert beschreibt Sebastian Mögelin seine Epoche vom Sozialismus bis kurz nach dem Mauerfall und den damit verbundenen Lebensumständen. 09. November 1989. Mauerfall. Ku`damm. „Hereinspaziert, Hereinspaziert“ (*). Alles bunt, alles besser, süßer Geruch des Westens, salutiert empfangen von libidinösen Versprechen der westlichen Werbediktatur. Endlich „Freiheit“ (*)! Hart erkämpfte Leichtigkeit stellt sich ein. Mit offenen Armen empfängt eine junge Frau die neue Unabhängigkeit.
Nicht immer offensiv, teils frei von Wertung und Verurteilung, wird Sebastian Mögelins Zweideutigkeit erst im Schwarzlicht sichtbar und muss einer erneuten Bewertung des Betrachters unterzogen werden.
Licht aus. Schwarzlicht an. Et voilà. Es werde Licht!
Kindheitsträume und Idole jener Zeit finden sich in Mögelins Werken wieder. „Juri“ (*) Gagarins Träume platzen auf einer Papierarbeit, „Der Osten handelt – Was tut der Westen“ (*) - eine Parole mischt sich im Schwarzlicht mit einer Liebestragödie, „Die letzte Träne“ (*) wird innig beim Bruderkuss auf einer 200 x 350 cm großen Leinwand vergossen und „Hörste? Hörste! – Es knackt im Apparat“ (*) bringt naiv zum Vorschein, was das Ministerium für Staatssicherheit der DDR schon lange vor der NSA hatte – Angst vor der Freiheit!
Selten fühlte sich Sebastian Mögelin durch das filigran geplante Monstrum der Mauer eingesperrt. Auch die menschlichen Tragödien, die solch ein an sich simples Bauwerk mit sich bringt, waren ihm in seiner Kindheit eher fremd. Das Leben und Erleben eines Kindes findet dort statt, wo der Schutzraum der Eltern gebaut wurde – oft nur ein kleiner Radius. Jedoch stellte er als Heranwachsender schnell die Frage „Warum dürfen die von Drüben rein und ich nicht raus?“. Aus einer Frage wuchs Neugier, aus Neugier Begierde und aus Begierde ein unaufhaltsames Verlangen nach einer Antwort.
Am Ende ist Sebastian Mögelin wieder zum Kind geworden und lässt den Betrachter der Werke durch seine rein subjektive Art der Vergangenheitsbewältigung gehen. Für den Einen ein fundamentaler Moment der Weltgeschichte, für den Anderen ein kurzes Intermezzo der Evolution.
Ein retroperspektivischer Blick auf naive Kindheitsbilder.
Amusez-vous bien!
ENGLISH/
(*)Title of the exhibited works
The elephant enclosure is empty, the lions are back in the cage, the masquerade is washed off and the crowds disappeared. The caravan moves on, leaving nothing behind but a quickly fleeting smell of glamor.
Circus? State Circus? Art Circus? Prescribed passion!
Born and raised in East Berlin Sebastian Mögelin processed his development from childhood to a rowdy teenager out of the perspective of an adult Berliner. The hazy look back inevitably mixes with the experienced. GDR state property collides with brutal consumer abundance. Appropriate education measures to pre- socialist ideals mate with capitalist anarchy. Bold Pop Art brought to canvas with the propaganda brush. A new style is born. Socialist Pop Art.
Raise the curtain, clear the ring welcome to circus sozipop!
Not free of prejudice but always fascinated, Sebastian Mögelin describes his epoch of socialism until shortly after the Fall of the Berlin Wall and the related circumstances. November 9th, 1989. Fall of the Berlin Wall. Kurfürstendamm. "Come in, Come in" (*). Everything colorful, everything better, sweet smells of the West, received salutations from the libidinal promise of western advertising dictatorship. Finally, "freedom" (*)! Hard-fought easily adjusts itself. With open arms a young woman receives the new independence.
Not always offensive, partly free of judgment and condemnation, Sebastian Mögelin’s ambiguity is only visible in black light and a re-evaluation of the observer must be subjected.
Lights out. Black light on. Et voilà. Let there be light!
Childhood dreams and idols of that time can be found in Mögelins works. "Juri " (*) Gagarin's dreams shatters on a paper work, "The east acts - what about the West" (*) - in black light the slogan mixes with a tragic love story, "The Last Tear" (*) is intimately shed while performing the brotherly kiss on a 200 x 350 cm big canvas and "Broadcast? Broadcast! – The telephone is cracking" (*) naively reveals what the Ministry of State Security of the GDR was already afraid of long before the NSA - freedom!
Rarely Sebastian Mögelin felt imprisoned by the delicate planned monstrosity – the Berlin wall. The human tragedy that is automatically included in such a simple construct, were rather strange for him in his childhood. The life and experience of a child takes place, where the parental shelter was built - a small radius. However, when he turned adolescent, the question grew "Why can they come in and do not get out?". A question grew to curiosity, curiosity grew to desire and desire grew to an unstoppable want for an answer.
In the end, Sebastian Mögelin has become a child again and lets the viewer go through the works of his purely subjective way by dealing with the past. For one it is a fundamental moment of world history, for others only a short intermezzo of evolution.
A retro perspective view of naive childhood pictures.
Amusez-vous bien!